Meditationsversuche

Meditationsversuche

23. Februar 2020 Aus Von Petra Carlile

Rückblickend gibt es viele Erkenntnisse für mich. Eine davon: ich achte zu wenig auf mich. Gerade diesen Fakt wollte ich lange nicht wahr haben. Viele meiner Freunde bescheinigten mir mit Hilfe der Analysebögen, dass ich es nicht sehr gut vermag, das richtige Maß zwischen Überlastung und Unterforderung zu finden. Dank meinem Mann – dem einzigen der Bögenausfüller, mit dem ich hinterher über seine Einschätzung sprach – verstand ich diese vielzähligen Rückmeldungen. Ich überlaste mich. Jeden Tag. Ich höre nicht auf die innere Stimme. Die mich um Achtsamkeit, Gelassenheit und manche Pause bittet. Krass, dass mein Mann mir das auch noch an konkreten Beispielen vor Augen führen konnte. Und dabei waren es nicht Verhaltensweisen, die Jahre zurück liegen. Sondern mein aktuelles Tun.

Akzeptieren – wenn das so einfach wäre!

Nach wie vor sind meine Kräfte, sagen wir mal, schaumgebremst. Bei meinem kürzlichen Termin in der Immundefektambulanz habe ich meine Unzufriedenheit darüber zum Ausdruck gebracht. Nach wie vor fehlen mir Energie und Kraft. Ich schaffe nur 1/3 des Tagespensums, das ich bis vor 2 Jahren noch locker auf die Reihe gebracht habe. Nach meinem Crash im letzten Frühjahr glaubte ich, dass ich zumindest ab Weihnachten wieder in Saft und Kraft stehe. Immerhin löte ich mir meine Immunglobuline seit November selbst rein. Wöchentlich. Da muss es doch mal Resultate geben.
„… Haben Sie doch Geduld. Zum Sommer hin wird es sicherlich besser. Da hat Ihr Umfeld weniger Infekte, die häufigen Antibiotikumeinnahmen fallen dann weg. Und es dauert halt einfach….“
Ich bleibe also weiter ausgebremst. Und habe die Gelegenheit, mich in Geduld und Achtsamkeit zu üben. Wie wird man achtsam? Darf man das abends vor dem Einschlafen er-beten und am nächsten Morgen beim Aufstehen hat man das Dank Gottes Hilfe? Hab ich probiert. Klappt nicht. Oder viel mehr: reicht nicht. Ist ja auch klar. Ich muss schon selbst etwas dazu tun und nicht warten, dass andere es für mich erledigen. Ist schließlich MEIN Leben, das ich achtsamer leben möchte. ICH möchte. Also WERDE ich achtsam sein und zur körperlichen Sparflamme auch mental einen Gang runter schalten. Wie mache ich das?

Ich lerne zu meditieren oder: Wo finde ich eine Kärcher-Frau?

Meine ersten Meditationsversuche hatte ich schon in einem der vorherigen Blogs beschrieben. Zu mir selbst, innerem Frieden und einem Stopp des Gedankenkarussells fand ich nicht. Neben den routinierten Hausfrauenarbeiten, die in meinem Hirn dabei immer wieder aufploppten, gab es auch noch andere Gedanken, die ich nur schwer an mir vorbei ziehen lassen konnte. Zum Beispiel: ‚… ich habe einen Nietnagel am kleinen rechten Finger. Man, ist der nervig…. Den bekomme ich mit links auch schlecht abgeschnitten. Na toll. Wie ein kleines Ding so nerven kann!‘ Oder, beim Blick aus der Terrasse: ‚Shit, die Waschbetonsteine sehen ja vielleicht aus. Und so viel Moos hat sich gebildet. Aber echt hej, da brauchts einen Kärcher. Das pack ich nicht. Der ist vielleicht laut…. Ich miete mir einen Kärcher-Mann. Oder eine Kärcher-Frau. Wo findet man Kärcher-Frauen?‘ oder: ‚Ach schau, da hockt eine Meise im Baum. Schon eine ganze Weile. Was die wohl gerade denkt?‘
O.k., so konnte es nicht weiter gehen. Ich entschloss mich zu geführten Meditationen. Wieso soll ich mir nicht helfen lassen? Zufällig hatte ich eine ganze CD-Sammlung. Schon jahrelang. Scheinbar wollte ich schon seit einer ganzen Weile meditieren lernen. Dann wird es jetzt wirklich Zeit! Mein Mann wandelte mir die Audio-CDs in MP3-Dateien um und juchtelte mir alle auf meinen MP3-Player. So trug es sich zu, dass ich vor einigen Wochen wieder begann, mich auf meine Yogablöcke zu setzen, meinen Poncho um mich zu hüllen und den Medis zu lauschen. Wenn ich auch nicht komplett transzendiere, helfen mir die Affirmationen der geführten Medis vielleicht, meine ständig präsenten Gedanken zur Ruhe zu bringen.

Meditationsstimme – nicht jede ist mein Freund

Mit manchen Medi-Stimmen konnte ich nichts anfangen. Wenn ich auf recht forsche Weise aufgefordert werde: NEHMEN SIE EINE ENTSPANNTE HALTUNG EIN!, kam in mir sofort der Impuls: „Du hast mir gar nichts zu sagen, Armleuchter!“. So hörte ich mich durch und landete bei Christine Hlawaty und „Stress erfolgreich steuern“ oder Rüdiger Dahlkes „Erquickendes Abschalten mittags und abends“. Die Stimmen sind o.k. für mich. Auch nach einigen Wochen bekomme ich immer noch keine völlige Leere in meinen Kopf. Doch merke ich von Mal zu Mal, wie sehr es mich entspannt. Und positive Affirmationen auch meine alltägliche Grundeinstellung beeinflussen. Starte ich morgens mit meinen geführten Meditationen, bin ich tagsüber viel gelassener. Mich bringt viel seltener etwas auf die Palme, was mich früher schnell genervt hat. Manches, über das ich mich noch bis vor wenigen Wochen aufregen konnte, lässt mich inzwischen kalt.

Schorsch findet’s prima

zufriedener Schorsch

Anfänglich hatte ich schon Gewissensbisse, täglich eine halbe bis dreiviertel Stunde nur dazusitzen und nichts zu tun. Statt mich gezielt mit sinnvollen to-dos wie meiner Berufsausrichtigung zu befassen. Da hat Schorsch, mein witziger, manchmal nerviger Antreiber und Finger-in-die-Wunde-Piekser garantiert wieder was zu meckern. So schaute ich während meiner letzten Mediation neben mich. Und da saß er schon. Mein Schorsch. Im Schneidersitz. Nein, er hatte keine Gardinenpredigt für mich. Mit geschlossenen Augen grinste er völlig selbstzufrieden vor sich hin. Irgendwann bemerkte er, dass ich ihn ungläubig anstarrte: ‚Was guckst’n so? Mach weiter! Schaffst Du es, ein Leben zu führen, wo nicht Deine irren, blöden Gedanken das Sagen haben sondern Du und das, was Dich zufrieden und glücklich macht, bin ich zufrieden. Klar? Also üben, üben, üben…!‘
Aha, dann sind innere Ruhe und Gelassenheit wohl Meilensteine auf meiner Wegfindung. Wenn Schorsch das sagt. Ich übe weiter.

Na dann: NEHMEN WIR EINE ENTSPANNTE HALTUNG EIN …

Eure Petra

Titelbild von Couleur auf Pixabay
Bild von Schorsch: Petra Carlile