War was?

War was?

23. November 2022 Aus Von Petra Carlile

Erstaunt stelle ich fest, dass am Sonntag schon die erste Adventskerze entzündet wird. Verflixt noch eins, dieses Mal ging das Jahr besonders flott vorüber! Ich versuche, meinen Antrieb wieder zu beleben, um wenigstens bis Silvester für mich irgendetwas Geschafftes zu verbuchen. Doch ist er mir flöten gegangen, der Elan. Jetzt, auf den letzten Metern, komme ich nicht mehr zu Potte. In diesem Jahr wollte ich meine konkrete berufliche Positionierung formulierend nach außen tragen. Dieses im Februar begonnene Projekt wartet seit Ende Juni auf Vollendung. Privat wünschte ich mir mehr Zeit mit Menschen, die mir am Herzen liegen. Ich vermisse sie wie nie zuvor. Daraus wurde genauso wenig etwas. In diesem Jahr war ich nicht mal auf einem Berg. Krass.

Etwas kommt halt immer dazwischen

Nee, faul war ich nicht. Doch hat mich, gemeinsam mit anderen Immundefektpatienten:innen, das Ringen um die Lieferbarkeit eines lebensnotwendigen Medikaments auf Blutplasma-Basis für Monate in Atem gehalten. Mehr zu dieser Odyssee findet Ihr in meinem persönlichen BLOG in den Artikeln

Ich bin auf Plasma
Herzen aus Stein
Alternative is nich!
Erde an Herrn Bundesgesundheitsminister: SOS!
Ich bitte zu Tisch!
Der Blutplasma-Blues
Kein Dope für Petra

Das Geschriebene spiegelt womöglich den großen Berg dieses Jahres wider, den wir zu erklimmen hatten. Getrennt voneinander agierend, über ganz Deutschland verteilt, standen wir gemeinsam füreinander ein.

Ich habe keine Ahnung, was ausschlaggebend war, dass aus dem Gesundheitsministerium nach vier Monaten Lieferstopp ein positives Signal in Richtung Langenfeld zum Präparathersteller funkte. Es ist anzunehmen, dass die Summe aus allem den Lautstärkeregler dermaßen aufdrehte, dass die Bässe über hunderte Kilometer in der Hauptstadt spürbar waren. Letzten Endes ist wichtig, dass unser Medikament (zumindest vorerst – bitte weiter Daumen drücken!) wieder geliefert wird.

Energiekosten & Glücksgeschenke

All die ungeplanten Aktivitäten in Sachen Blutplasma-Medikament, die zu meiner normalen Arbeit hinzukamen, kosteten mich viel Zeit und enorme Energie. Vollgeladene Reserve-Akkus hatte ich nicht parat. Doch verbirgt sich hinter düsteren Nachteilen oft auch sonniges Strahlen. Verschämt wagte ich im Juli einen E-Mail-Hilferuf an meine Kontakte und war berührt über die große Welle der Unterstützung.

Ich lernte bei dieser Aktion wundervolle Menschen kennen. Einige tragen ein ähnliches Schicksal wie ich. Mit manchen schloss ich innige Freundschaft.

Claudia Löffelmann, die sonst meine Business-Blogbeiträge illustriert, setzte die Texte über unsere Lage gekonnt und einfühlsam in Szene. „Das ist das Mindeste, womit ich Euch unterstützen kann…“, winkte sie ab. Ihre gelungenen Zeichnungen seht Ihr in den oben verlinkten Beiträgen.

Allein aus meinem persönlichen Umfeld sind inzwischen zehn Leute regelmäßige Plasmaspendende.

Sogar einige politisch Agierende legten sich für mich ins Zeug. Ich revidiere meine bis dahin festgefahrene Meinung, dass ALLE in der Politik tätigen Menschen es verlernt haben, Realitäten zu sehen und menschlich zu handeln.

Also doch!

So gesehen ist mein Jahresrückblick doch ein schöner. Auch wenn ich diese Situation hoffentlich nie wieder erleben muss, haben mich die letzten Monate bereichert. Mich verwundert der Mut, von dem ich nicht ahnte, dass er in mir wohnt. Die entstandenen Freundschaften möchte ich nicht missen. Die erlangten Einblicke in die Presse- und Medienwelt hätte ich ohne unser Kämpfen nie erfahren. Demütiger als je zuvor blicke ich auf das LEBEN als kostbares Geschenk.

Eine kleine Weile wird mein Projekt noch auf Vollendung warten. Bis zum Jahresende bleibe ich abgetaucht, lade meine Batterien auf. Und versuche, mich auf Weihnachten einzulassen. Vielleicht vermag ich es, mich etwas in Weihnachtsstimmung zu bringen.

Habt eine besinnliche Adventszeit, frohe Weihnachten, einen entspannten Jahresausklang und ein friedvolles neues Jahr! Bleibt fröhlich und gesund.

Eure Petra