DANKE Herr Bundesgesundheitsminister!

DANKE Herr Bundesgesundheitsminister!

22. Januar 2023 Aus Von Petra Carlile

Gestern schickte ich erneut einen Brief an Professor Lauterbach, unseren Bundesgesundheitsminister. Es ist nicht das erste Schreiben, das er von mir bekommt. Dieser Brief enthält keine appellierenden Ausrufezeichen, kein händeringendes Flehen, keine verwischten Buchstaben, weil wütende Tränen aufs Papier klatschten.
Mein Brief an ihn beginnt mit dem für mich bedeutungsvollen Wort DANKE. Menschen aus meinem persönlichen Umfeld wissen das: Wenn ich mich bedanke, meine ich es.

Gesetzesänderung

Vor mehr als einer Woche erfuhr ich, dass eine im Interesse von Immundefektpatienten versprochene Gesetzänderung umgesetzt wurde. Schriftlich verankert am 16. Dezember 2022. Dafür: DANKE!

Verschachtelte Sätze

Die Sprache der Politik ist eine andere als jene, die ich spreche. Es ist herausfordernd, den Sinn eines Gesetzestextes nach dem ersten Lesen zu verstehen. Und ich lese verdammt gern. Dabei greife ich eher selten zu derart verschlungen formulierter Lektüre. Die Worte der Gesetzesänderung, die mich und all meine Mitstreitenden aufatmen lassen, möchte ich Euch dennoch nicht vorenthalten:

„… § 130a Absatz 3a wird wie folgt geändert: a) In Satz 4 wird vor dem Punkt am Ende ein Semikolon und werden die Wörter „dies gilt nicht für die Neueinführung eines Immunglobulins menschlicher Herkunft, für das nach dem 31. Dezember 2018 eine Zulassung nach § 25 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes oder eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt wurde, mit Ausnahme der Zulassung von anderen Stärken oder Ausbietungen“ eingefügt.“

Übersetzung

Das bedeutet, dass cutaquig® als weiterentwickeltes Präparat anerkannt wird. Es bekommt nicht mehr die Daumenschrauben angelegt, weit unter Herstellungskosten verkauft zu werden. Es verschwindet nicht vom deutschen Markt. Das hätte nicht nur für mich fatale Folgen. Sondern für alle Menschen, die auf Präparate aus menschlichem Immunglobulin angewiesen sind. Denn der Wegfall auch nur eines Präparates, egal von welchem Hersteller, manövriert uns wieder in die unterversorgte Notlage, in der wir uns im letzten Jahr befanden.

Bitterer Beigeschmack

Weiter heißt es in der Änderungsformulierung des Gesetzes:

„Folgender Satz wird angefügt: ‚Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2023 einen Bericht über die Auswirkungen von Satz 4 zweiter Halbsatz vorzulegen.“

Was das Agieren des Spitzenverbands der Krankenkassen betrifft, sind meine Erfahrungen aus dem letzten Jahr keine, die menschlich überzeugen. Gerne ändere ich meine Ansicht und hoffe, dass deren Bericht zum Jahresende nicht bedeutet, erneut den Rotstift anzusetzen, sondern ALLE Fakten zu prüfen. Ich wünsche mir dabei entscheidungstragende Personen, die über die Schreibtischkante hinaus blicken können; Menschen, die nicht eingleisig kostensparend denken, sondern erkennen, welche Mehrkosten im Gesundheitswesen es bedeutet, wenn diese Gesetzesänderung rückgängig gemacht wird.

Dieser nun von mir hingeschachtelte Satz ist ein großer Wunsch. Doch manchmal werden Wünsche wahr.

Tatsache

Mit der Anerkennung „meines“ Präparates ist die Lage leider nicht entspannt. Ja, der Hersteller beliefert Deutschland Gott sei Dank wieder. Ende Oktober, unmittelbar nachdem der Bundesgesundheitsmiminster den Spitzenverband der GKV aufforderte, das Korrekturverfahren zumindest auszusetzen, reagierte Octapharma. Der Hersteller fuhr die Produktion hoch und es gelang ihm das logistische Kunststück, in kurzer Zeit cutaquig®-Anwendende wieder zu versorgen. Und das noch BEVOR sicher war, ob die versprochene Gesetzänderung tatsächlich umgesetzt wird.

Nach wie vor prekär

… ist der Rohstoffengpass. Blutplasma gibt es nicht wie Sand am Meer. Es bedarf mehr bundesweiter Aufklärung, dass nicht nur Blut- sondern auch Blutplasmaspenden Leben retten. Wir benötigen gesetzliche Änderungen, die es Plasmaspendezentren erlauben, flexibler zu agieren. Ebenso gehören dringend veraltete, gesetzliche Vorgaben auf den Prüfstand, die es zum Beispiel auf diskriminierende Weise homosexuell lebenden Menschen verbieten, Blut oder Blutplasma zu spenden. Und nicht zuletzt sind mehr Anreize für das Spenden von Blut und Blutplasma erforderlich.
Ziel ist, dass sich Europa in naher Zukunft unabhängig macht von Blutplasmalieferungen aus den USA. Und das kontinuierlich und dauerhaft. Sonst haben wir in absehbarer Zeit erneut die Situation, die sich im Sommer 2022 zuspitzte. Dann bangen wir Betroffene abermals ums Überleben.

Aufs DANKE konzentriert

Sorry Leute, ich hole aus. Leider lässt sich das große Thema, das Ihr seit letztem Jahr von mir hört und lest, nicht auf nur einen Satz herunter brechen.

Heute möchte ich mich bei Professor Lauterbach bedanken. Anfang September wandte ich mich zum ersten Mal mit einem Appell an ihn, dem sich viele, viele Betroffene und Angehörige anschlossen. Ende Oktober gab es erste Signale. Schon Anfang Dezember wurde eine Gesetzesänderung beschlossen und Mitte Dezember umgesetzt.

Das war für uns Immundefektpatienten eine verdammt lange Zeit. Jeder Tag der Angst ums Leben ist ein Tag zu viel. Doch für die politische Umsetzung zur Lösung eines Problems ist das eine relativ kurze Zeitspanne. Ich bin mir sicher, das war nicht leicht umzusetzen. Das erkenne ich an und dafür bedanke ich mich von Herzen!

Danke an Euch

Eure Hilfe, Euer Zuhören, Euer Bestärken haben mich die letzten Monate durchhalten lassen. Dafür bin ich unendlich dankbar und überglücklich, Euch zu meinen Freunden zu zählen.

Alles Liebe, bleibt gesund.
Eure Petra