Wer bin ich? Was will ich? – Teil 1

Wer bin ich? Was will ich? – Teil 1

16. Januar 2020 Aus Von Petra Carlile

Momentan bin ich noch mitten drin in der Selbstanalyse, die mich hoffentlich irgendwann auf meinen neu definierten persönlichen Weg navigiert. Seit einigen Wochen befasse ich mich intensiv mit mir selbst. Mit meinen Wünschen, Verhaltensweisen, Ansichten. Und ganz ehrlich? Das habe ich mir einfacher vorgestellt. Ja klar, in den letzten Jahren habe ich mich immer wieder hinterfragt. Selbstverständlich habe ich auch selbst einige Coachings in Anspruch genommen. Schließlich braucht auch ein Coach immer mal wieder einen Coach. Meist befand ich mich in aktuell festgefahrenen Einzel-Situationen oder hatte gerade Themen zu bearbeiten, bei denen mir die Betrachtung von außen fehlte. Erkenntnisse aus diesen Coachings halfen mir auch in den jeweiligen Situationen, diese zu lösen. Doch eines habe ich danach selten gemacht: Zusammenhänge, die sich aus meinen Erkenntnissen ergaben, ganz konkret zu benennen, zu analysieren und auch auf andere Situationen zu übertragen. Also grundlegende Richtungsänderungen vorzunehmen. Ich habe den Kreis oftmals nicht geschlossen. Das heißt, die wertvollen Lösungsansätze, die ich aus den Coachings mitnahm, habe ich selten vollendet wenn es galt, selbst ins tun zu kommen. Hin und wieder aus reiner Bequemlichkeit. Oftmals auch aus schierer Angst vor Veränderung. Was, wenn ich dadurch das verliere, was ich jetzt schon habe?

Selbstanalyse – Zwischenstand

Noch bevor ich an Freunde und Kollegen die Bitte herantrug, mich mittels einiger Selbstanalysetools zu bewerten, habe ich diese selbstverständlich selbst durchgearbeitet und meine Sicht über mich dokumentiert. Inzwischen sind die meisten der Bögen, die andere ausgefüllt haben, wieder zurück. Die Auswertung darüber folgt im nächsten Beitrag.

Zufälle gibt es, die gibt es gar nicht – Interview verdeutlicht meine Werte

Ende Dezember erhielt ich eine Interview-Anfrage von Studenten für Kommunikationswissenschaften und Pädagogik. Zu einem ihrer Seminarthemen, Beratungskompetenzen, beschäftigten sie sich genauer mit der Beratungsform des Coachings. Ich wurde zu meinem Beruf befragt. Wie bei mir Coachings und Workshops ablaufen. Ob ich schon einmal einen Klienten / Kunden abgelehnt habe. Ob es vorkommt, Klienten weiter zu vermitteln, weil ein Coaching nicht mehr ausreicht. Ob ich einen Verhaltenscodex habe, dem ich folge. Wann ich weiß, dass ein Coaching erfolgreich war usw.
Zufall? Wohl nicht! Denn die Antworten, die ich der Interviewerin gab, sind für mich gerade sehr, sehr wichtig. So konkret habe ich meine Arbeitsweise – verbunden mit meinen eigenen Werten – noch nie kommuniziert. Meine Auflistung besagt,

  • dass ich Workshops zwar intensiv vorbereite und einen roten Faden entwickle, diese aber stets und in allererster Linie die aktuellen Anliegen der Teilnehmer zu diesem Thema behandeln
  • dass mir Interaktion in Workshops viel mehr Freude bringt als Vorträge zu halten
  • dass ich mit Unternehmen zusammen arbeite und Mitarbeiter coache, die sich dieses Coaching wünschen und nicht, weil sie vom Chef hinbeordert wurden
  • mein Verhaltenscodex Verschwiegenheit / Vertraulichkeit heißt
  • dass für mich der Grundsatz „Menschen vor Dinge“ gilt und ich somit kaum für ein börsennotiertes Unternehmen arbeite
  • dass „Menschen vor Dinge“ auch bedeutet, einen Klienten in medizinische Obhut weiterzuempfehlen, wenn es die psychische Situation verlangt
  • dass ich mit meinem Karriere-Coaching einen anderen Ansatz verfolge als das Arbeitsamt bei deren Arbeitsberatung
  • dass ich keine Coachings durchführe, wenn ein Interessent wünscht, dass ich die Themen für ihn erledige. In einem Karriere-Coaching erstelle ich nie für andere den Lebenslauf und formuliere nie die An- bzw. Motivationsschreiben.
  • dass ich niemals bei einem Karriere-Coaching den Klienten die Worte in den Mund lege und sie darauf trimme, damit sie bei einem möglichen Bewerbungsgespräch durch ihre auswendig gelernte Argumentation punkten
  • dass Klienten, die zum Thema Berufsorientierung / -weiterentwicklung zu mir kommen, mit meiner Hilfe selbst heraus finden, was sie können, was sie wirklich wollen und welche Schritte zu ihren Zielen zu gehen sind. Nur wer konkret weiß, was er / sie wirklich möchte, kann dies selbst nach außen kommunizieren und den eigenen Weg gehen.
  • dass in Coachings die Verantwortung für Veränderung beim Coachee / Klienten liegt und ich lediglich dabei unterstütze
  • dass ich gerade in Bewerbungssituationen sowohl die Sicht des Bewerbers als auch die der Unternehmen nachvollziehe. Meines Erachtens ist es wichtig, dass sich die Bewerbungsparteien authentisch, offen und ehrlich begegnen und genau abklären, ob es bei einem Arbeitsvertragsverhältnisse für BEIDE Seiten von Gewinn ist. Ansonsten ist es verlorene Zeit. Für das einarbeitende Unternehmen genauso wie für den Bewerber.
  • dass ich auf die Rückmeldungen der Klienten angewiesen bin um zu wissen, ob ich mit meiner Arbeit erfolgreich war. Beim Karriere-Coaching ist das oftmals: „… ich habe meine Wunsch-Stelle bekommen!“, beim Mitarbeiter-Coaching: „… danke, ich bin jetzt viel entspannter, wenn ich mit Kunden telefoniere….“
  • dass ich für Arztpraxen nicht mehr arbeiten kann. Bis 2018 habe ich Workshops zum Thema Patientenorientierung gehalten.

Wieso nicht mehr für Arztpraxen?

In unserem Gesundheitssystem müssen die meisten niedergelassenen Arztpraxen wie Unternehmen funktionieren, um zu existieren. Ein Patient kann nie individuell und abgestimmt auf seine Bedürfnisse behandelt werden. Aufgrund von Zeit- und Budgetgrenzen. Ich verstehe die Arztpraxen. Sie müssen unternehmerisch denken und handeln. Sonst müssen sie in absehbarer Zeit ihre Praxis schließen. Der Patientenandrang in Facharztpraxen gerade in den kleineren Städten (also kleiner als München und Berlin) ist enorm groß. Es braucht wieder mehr Facharztpraxen in diesen Regionen. Doch sind die Niederlassungen gedeckelt. Die kassenärztlichen Vereinigungen erstellen sogen. Bedarfspläne entsprechend einer im Bundesausschuss getroffenen Verordnung. Das geht zu Lasten einer voll umfassenden Patientenorientierung und -versorgung. Diese Situation steht im Gegensatz zu meinem Leitsatz: „Menschen vor Dinge“. Damit sage ich nicht, dass Ärzte Kapitalisten sind. Im Gegenteil. Die meisten versuchen dennoch, mit ausschließlich privatem Engagement, ihren Beruf so auszuüben, wie sie es sich vor Beginn ihrer Tätigkeit vorgestellt haben. Ein Wahnsinns-Spagat! Viele Ärzte möchten z.B., entsprechend ihres Wertesystems, mehr präventiv tätig sein, um Erkrankungen erst gar nicht entstehen zu lassen. Wenn sie es tun, dann privat und auf eigene Kosten. Denn Prävention wird weitaus weniger monetär entlohnt durch die Krankenversicherungen als die Behandlung bestehender Krankheiten.
Den Entschluss, Coachings und Workshops zum Thema Patientenorientierung nicht mehr anzubieten, traf ich bereits einen Monat vor meiner Erkrankung.

Soweit, so gut. Meine Werte sind mir bekannt. Jetzt auch auditiv mittels der Audio-Datei, die mir nach meinem Interview zur Verfügung stand. Momentan finde ich heraus, wie es weiter gehen kann aufgrund der mir zur Verfügung stehenden Kräfte und Wünsche.

Bin selbst gespannt.
Bis dahin – einen schönen Frühlings-Januar! Und nicht gleich die Sandalen raus holen, o.k.? Der Winter kommt bestimmt noch.

Titelbild: von Gerd Altmann auf Pixabay