Die wunderbare Welt der Frust-Bremsen
Hin und wieder ergreift uns ein widerliches FRUSTMONSTER. Jeder von uns hat sein eigenes und bekämpft es auf seine Weise: durch Eindreschen auf einen Boxsack zum Beispiel oder exzessives Shopping, durch Reinschaufeln von haufenweise Gummibärlis oder so manch durchgeführtes Saufgelage, das am nächsten Tag allerdings für noch miesere Katerstimmung sorgt.
Frust-Gründe
.. sind sehr zahlreich und haben sich seit Pandemie-Beginn durch Sorge um den Job, das gleichzeitige „Home-Officern“ und „Home-Teachern“ und viel mehr Aufeinander-Gehocke als je zu vor bei den Menschen extrem vervielfältigt.
Gummibärli-Sucht und erschossene Hühner
Frustfraß ist mir absolut bekannt. In ganz schlimmen Momenten habe ich nach den Süßigkeitenverstecken, die mein Mann sorgsam wählen musste, akribisch gesucht und diese stets gefunden. Ohne Schatzkarte oder Kompass. Und eine große Tüte Gummibärlis in einem Rutsch assimiliert. Weil weder Zucker noch größere Mengen Alkohol gut für meine themenbedingte vergrößerte Milz und Leber sind, wird dieses Teufels-Zucker-Zeug nicht mehr gekauft. So kommt es nur alle paar Monate vor, dass ich stattdessen Hühner erschieße. Am PC. Und das trotz meiner täglichen Achtsamkeitsrituale. Und auch, obwohl ich im Alter von 18 Jahren geschworen habe, nie wieder Waffen anzufassen, nachdem ich gemeinsam mit meinen Schulkameraden 1989 den Zivilverteidigungsunterricht an der Penne verweigerte.
Vielleicht habe ich Glück und mache mich durch mein Entfrusten via Moorhuhn trotzdem nicht zur Flinten-Uschi. Immerhin schieße ich nur mit der Maus und lade mit der Leertaste nach, wenn ich mich auf die Jagd begebe. Zumindest mein Inneres ist dankbar, nicht von Zucker überschwemmt zu werden.
Achtsamkeit trotzdem im Fokus
Selbstverständlich bringt mich das nicht vom rechten Weg ab. Meditation und Achtsamkeitsübungen gehören weiterhin zum täglichen Programm. Meist genügen diese für Gelassenheit, innere Akzeptanz und Ausgeglichenheit. Doch manchmal bringen auch mich Frustmonster in ihre Gewalt und meine Meditationsversuche werden von widerlichen, düsteren Frustgedanken im Keim erstickt. Dann ist es Zeit, die Frust-Bremsen reinzuhauen.
Alternative 1: Sich mit etwas völlig Neuem befassen
Ein absolutes Glück war, dass ich im Zuge meiner Arbeit für einen Kunden mit der Einführung neuer Software-Tools konfrontiert war. Das erforderte meine volle Konzentration und lenkte die Aufmerksamkeit eher aufs dahinter liegende Digitalisierungsthema statt auf mein zu diesem Zeitpunkt nach wie vor vorhandenes Unvermögen der körperlichen Ausdauer. Außerdem hat mich der darin involvierte Geschäftsführer durch sein begeistertes Selbst-Ausprobieren, durchs Bereitstellen / Einrichten und Umsetzen und seine immer wieder aufkommende Freude, was jetzt alles möglich ist, total motiviert. Ach was sag ich: mitgerissen. Ich hatte gar keine Zeit, mich in Frust und Selbstmitleid zu wälzen. Das war Mitsurfen-Dürfen auf der Begeisterungswelle, ohne je einen Surfkurs belegt zu haben.
Alternative 2: Schmökern und sich in Geschichten verlieren
Jener Motivator bekam irgendwann Wind von meinen inneren Kämpfen, bei denen damals noch nicht klar war, ob Frustmonster oder Achtsamkeit als Sieger hervor geht. Er lieh mir einen phantastischen Roman: „Achtsam morden“ von Karsten Dusse. Dieses einfach nur herrlich geschriebene Buch verschaffte mir viele Momente ausgelassenen Herumgekichers und damit wohligen Vergessens der vermeintlich bescheidenen Situation.
Kurz darauf hat auch mein Mann sich dieses Buch als eBook gekauft. Er begann abends um 22:00 Uhr und hat erst am nächsten Morgen um 4:00 Uhr das Licht ausgemacht. Wir haben es bereits an einige Freunde verschenkt. Inzwischen lese ich den Nachfolgeroman „Das Kind in mir will achtsam morden“, das mir mein Mann zum 2. Geburtstag schenkte. Ich freue mich jeden Tag auf meine Mittagspause und gehe gern schon früh zu Bett, um weiter zu lesen. Es gibt wirklich viele Blickwinkel auf das Thema Achtsamkeit 🙂
Alternative 3: Gute Mucke und vorsichtshalber Ohropax
Musik, egal welchen Genres, kann mitreißen. Ich habe früher nie verstanden, warum mein Mann Wert auf eine gut ausgependelte Akustik legt. Bestimmte Frequenzen nehme ich zwar nicht wahr, doch heute freue ich mich tierisch über wohlklingende, mitreißende Mucke jeglicher Art, die den Raum füllt statt nur zu quäken. So drehe ich hin und wieder richtig auf und wir hotten zwischendurch mal ein paar Minuten durch die Bude. Das bringt den Kreislauf in Schwung und sorgt für eine gute Durchblutung. Mal ganz abgesehen vom Stimmungshoch. Nach wie vor hoffen wir, dass wir damit auch den Musikgeschmack unserer Hausmitbewohner treffen. Denn sie werden beschallt. Ob sie wollen oder nicht. Wer Ähnliches vor hat, dem rate ich, einen Beutel mit ner Flasche Wein und Ohropax an die Wohnungstüren etwaiger Mitbewohner zu hängen.
Noch ein Tipp am Rande: Wenn es wieder gut ist, nicht einfach das Musikabspielgerät ausschalten, sondern vorher die Lautstärke herunter regulieren. Sonst gibt es beim nächsten Einschalten, um nur den Wetterbericht zu hören, ungewolltes Kammerflimmern 🙂
Bin gespannt auf Eure Frust-Bremsen. Alles Gute und: Sich von Frust unterkriegen lassen ist absolut keine Option!
Eure Petra
Beitragsbild: Petra Carlile
Foto vom Buchcover: Petra Carlile