Weihnachten, Geschenke und vorher nochmal kurz durchwischen

Weihnachten, Geschenke und vorher nochmal kurz durchwischen

17. Dezember 2019 Aus Von Petra Carlile

Auch dieses Jahr kommt Weihnachten wieder so plötzlich! Sechsmal werden wir noch wach, heißa, dann ist Weihnachtstach…
Wie jedes Jahr schenken mein Mann und ich uns: NIX! Wir haben uns, das ist uns das größte Geschenk. In diesem Jahr empfinden wir das stärker als jemals zuvor. Dennoch werde ich oft gefragt, was ich mir wünsche. Doch ich habe wirklich alles. Sogar unfassbares Glück. Tatsächlich werde ich von vielen Menschen jede Woche beschenkt. Gut, oder? Wer kann das schon von sich sagen?
Bis zum letzten Jahr war es für mich bis kurz vor Weihnachten immer hektisch und stressig. Die schönen kleinen Dinge um mich herum konnte ich nur aus den Augenwinkeln wahrnehmen, ich war im Alltagsstrudel gefangen.

Seit April hat sich mein Leben stark verlangsamt. Auch habe ich eine Therapie begonnen, die den Folgen meines Gendefekts entgegen wirkt. Mit Immunglobulin-Infusionen, die ich erhalte. Das Präparat wird aus Blutplasma hergestellt. Blutplasma, welches vorher mir unbekannte Freiwillige gespendet haben. Auf Facebook hatte ich schon einmal versucht, meine Dankbarkeit darüber zum Ausdruck zu bringen und gehofft, dass dieser Dank all jene erreichte, die mir und anderen etwas von ihrem Lebenssaft abgeben. Seitdem bin ich demütiger und weiß das wirklich zu schätzen, dass es Menschen gibt, die Blut und / oder Blutplasma spenden und somit Leben retten und Krankheiten lindern helfen.

Der Weihnachtsmann wohnt bei uns im Haus!

Er heißt Christian und nicht Santa. Zu der Erkenntnis kam ich erst dieses Jahr. Es kam so:
Zwei Tage nach meinem Post war ich im Vorgarten und traf unseren Haus-Mitbewohner. Christian kam von der Arbeit. Er hatte einen kleinen Verband am Arm und ich sprach ihn darauf an. „Och, das ist nix. Ich war heute nur Blut spenden…“ Momentan darf ich ja niemanden umarmen. Doch hätte ich es gern getan. Ich war total baff. Da wohnt einer der für mich bis dato unbekannten Spender im selben Haus! O.k., irgendwie passt es genau zu ihm. Unser Krischan ist im Winter immer als Erster draußen zum Schnee schieben, während wir uns erst aus dem Bett schälen. Außerdem ist er Wahlhelfer und opferte dafür bereits so manches Wochenende. Wird ein starker Mann gebraucht, weil wir Möbelrücken veranstalten und ich als Träger nicht in Frage komme, ist er zur Stelle und die Jungs wuppen das Teil in Sekunden. Ein stiller Alltagsheld. Der unter anderem „nur“ mal eben Blut spendet. Seit über 12 Jahren wohnen wir gemeinsam im Haus und erst jetzt wissen wir davon.
Generell habe ich keine Ahnung, von wem das Plasma stammt, aus welchem ausgerechnet mein Präparat hergestellt wird. Auf einen Immundefekt-Patienten kommen drei Spender. Eine ganz schöne Menge. Es kann nie genug Spender geben. Gerade in den Sommermonaten, wenn die längsten Schulferien sind, werden Blutkonserven und Plasma-Präparate knapp. Danke an alle, die sich die Zeit nehmen und die Nadeln nicht fürchten!

Mein dreister Geschenke-Wunsch:

Wirklich, ich brauche nichts. Nicht die fünfzigste Vase, die ohnehin nie die passende sein wird. Kein Geschirr, davon haben wir genug. Unsere Fensterbretter sind besetzt, mehr Grünpflanzen haben keinen Platz. Auch bei Süßkram muss ich auf die Bremse treten. Doch vielleicht hat der / die Ein- oder Andere von Euch Zeit, ist fit und gesund und traut sich, zur Blutspende zu gehen? Das ist für mich und für viele andere ein wirklich großes Geschenk und nicht mit 1000 Weihnachtspräsenten aufzuwiegen!

Spende statt sinnloser Staubfänger

Statt eines Geschenkes, das womöglich Gefahr läuft bei mir zu verstauben oder zu vertrocknen, freue ich mich über eine Spende an „meine“ Patientenorganisation dsai.ev. Von dort erhielt ich bereits große Unterstützung, um selbstbestimmt mit meinem Gendefekt umzugehen. Der Verein hilft, sich umfassend zu informieren, kümmert sich um Ärztefortbildungen zu diesem Thema und ist stets Anlaufstelle für Nöte und Sorgen der Betroffenen. Selbst 5,- Euro sind hilfreich. Wie gesagt: besser, als wenn ein gut gemeintes materielles Geschenk bei mir verkümmert. Hier der Link: https://www.dsai.de/ueber-dsai/spenden.html

Menschlichkeit – das größte Geschenk

Ebenso bin ich all jenen dankbar, die anderen Menschen etwas Gutes tun und wünsche mir, dass sich genau diese Menschlichkeit schnell verbreitet. So wie zum Beispiel Claudia aus meinem Business-Netzwerk, die gemeinsam mit anderen Geschenke kauft, von Freunden und Bekannten Geschenke einsammelt und zusammen stellt für Frauen im Frauenhaus. Oder ein anderes Beispiel: In manchen Cafés ist es möglich, für sich selbst einen Kaffee zu kaufen und einen weiteren zu zahlen für jemanden, der / die sich ein warmes Getränk nicht leisten können. Viele machen davon Gebrauch und kaufen für den unbekannten Zweiten. Oder mein Friseurladen, der Kinderwünsche von Kindern aus dem Kinderheim in Putzbrunn einsammelt und Friseurinnen und deren Kunden übernehmen kurzerhand die Patenschaft für einen Weihnachtswunschzettel und kaufen die Geschenke ein.
Was ist mit dem Rentner, der möglicherweise in der Nachbarschaft wohnt und dessen Rente nicht ausreicht für ein schönes, warmes Weihnachtsmahl? Warum diesen Menschen nicht mit an den Weihnachtstisch einladen und die Zeit zusammen verbringen? Hin und wieder reicht auch ein aufmerksames Zuhören all jenen, die einsam sind. Und das nicht nur, weil gerade Weihnachten ist und alle so beseelt umeinander laufen. Menschlichkeit hat nichts mit der Religion zu tun oder dem Sternzeichen, unter dem man geboren wurde.

Kurz vor Weihnachten – immer noch entspannt?

Wer kennt es nicht: zu Weihnachten muss alles P E R F E K T sein. Die Wohnung hat zu blitzen, die Tafel ist akkurat gedeckt, der Vogel im Ofen hat genau die richtige Bräune und Vatern hat den Weihnachtsbaum so präpariert, dass er ausschaut wie hingezaubert. Genau das kostet ungemein viel Nerven. Warum feiern wir Weihnachten nicht einfach nur unser Zusammensein? Entspannt und ausschließlich aufeinander fokussiert? Um Weihnachten herum wird es spät hell und früh dunkel. Niemand bemerkt, ob 1/2 Tag vor Festbeginn nochmal die Anrichte abgestaubt und die Diele noch rasch durchgewischt wurde. Wirklich niemand. Zum Abschluss fällt mir ein Spruch ein, den ich vor einem Jahr um diese Zeit auf Facebook gelesen habe. Leider kenne ich den Autoren nicht und muss deshalb ‚Unbekannt‘ zitieren: „… Weihnachten kommt das Christkind. Nicht das Gesundheitsamt.“

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen entspannte, wundervolle Weihnachtstage, einen schönen Jahresausklang und einen gelungenen Start ins neue Jahr!

Titelbild von PublicDomainPictures auf Pixabay